31. Mai 2022, 18:00. Im Vorraum des Hauses der Begegnung Brigittenau sammeln sich die ersten Konzertbesuchenden, laben sich an Grammelbrot und Sektorange und stellen mit schweifendem Blick fest, wer Corona nicht nur überstanden, sondern die Forte auch nach fast zwei Jahren musikalischer Zwangspause nicht vergessen hat. Vorfreudig wird das Programm studiert und noch ein Eiaufstrichbrot nachgeschoben, dann öffnen sich endlich die Saaltüren und der Run auf die besten Plätze im schicken 80er-Jahre-Flair des HdBs ist eröffnet. Es füllt sich, das Licht wird gedämmt, der Vorhang effektvoll aufgeschwungen, um dort auf der Bühne den Musiker*innen die Prä-Konzertanspannung von den Scheinwerfergesichtern ablesen zu können, Kapellmeister Martin Hlavacek betritt das Spotlight, eine seltsame rote Mütze am Kopf, es geht los! Aber ist das nicht – White Christmas? Man hätte den dritten Sektorange vielleicht nicht so schnell hinunterstürzen sollen, ja doch, die weihnachtlichen Klänge durchtingeln den maiwarmen Saal und bringen einen Hauch Vanillekipferl mit sich; das Publikum lacht und klatscht gefühlsverwirrt.Keine Angst, es wurden nur zwei verpasste Weihnachtskonzerte reminisziert. Schon entfernt Martin Hlavacek die Santa-Mütze schwungvoll und lässt die Forte mit Major Tom abheben, völlig losgelöst vom Coronahickhack der letzten zwei Jahre. Stimmungshebend auch Hard Rock Cafe und Elvis Forever bei dem das geneigte Publikum den Tanzfloh in den Fußspitzen spürt. A Whiter Shade of Pale bringt ebenso wie Summertime die süße Schwere des Sommerblues in den Saal, aufgeheizt von In the Mood und einem Ray Charles Medley werden die Konzertbesuchenden wieder zu Liptauer und Frühlingsaufstrich entsandt, bevor mit dem zweiten Teil der Konzerttitel Don’t Stop Us Now! endlich Programm wird. Die Forte hat sich eingegrooved, rotwangig von der allgemeinen Aufregung, der Freude am gemeinsamen Musikmachen und dem einen oder anderen Gläschen Schampus in der Pause, fliegen die Finger über die Tasten, rühren die Sticks in der Snare Drum, werden alle Oktaven des Klaviers bedient und walked der Bass durch das vereinte Klangtheater. Endlich wieder live, endlich wieder forte sein dürfen. Als Partykracher ABBA vom Orchester und dem Publikum Besitz ergreift, ist der Sommer der Siebziger zu schmecken, Gilbert Becaud säuselt nicht nur den Frankophilen Zärtlichkeiten zu und John Miles Music rüttelt alle im 7/8-Takt aus den Sitzen. Ja, die rund 250 köpfige Fanbase der Forte verlangt nach einer Zugabe und die warmgelaufenen Fortianer*innen (diesmal teilweise in neuer Besetzung!) liefern mit Back to the Sixtees einen Schlussakkord, der sich hören lassen kann. Die Forte unter der Leitung von Conférencier, Dirigent und ungebrochenem Charmeur Martin Hlavacek entlässt das Publikum in die Sommerpause, am Buffet wird die vom Mitsingen heisere Kehle mit einem letzten Schmalzbrot geschmeidig geschmiert, dann zieht das Publikum langsam hinaus in den lauen Abend.

Und wie geht es weiter? Am 13. Dezember 2022 darf White Christmas ganz offiziell den Saal des HdBs durchklingen. Und Santa-Mützen zählen dann zum Dresscode, wenn die Forte wieder die Bühne betritt. Lassen Sie sich das nicht entgehen!

Iris Gassenbauer