Die Vorgeschichte:

Das Jugendakkordeonorchester aus der Schweiz wollte seinen ersten Auslandsaufenthalt ausgerechnet in Österreich bestreiten und suchte über Johannes Münzner einen Kooperationspartner und eine passende Auftrittslocation. Der Konzertsaal der Sängerknaben – das „Muth“ im 2. Wiener Gemeindebezirk – erwies sich sogar für die Schweizer zu teuer, und so musste der Yamahasaal in Favoriten als Ersatz herhalten. Fehlte nur noch ein Partnerorchester! Da die Idee des HVÖ-Österreich-Orchesters bereits angedacht war, wurde sie genau zu diesem Anlass ein bisschen früher verwirklicht, und für das Österreich-Orchester war es eine fulminante Premiere am 29.2.2020 … zwei Wochen später: der erste Corona-Lockdown, der Rest ist Geschichte …

4 Jahre später: das Jugendorchester aus der Schweiz war bereits trotz Corona-Pandemie fleißig unterwegs, und die besuchten Orchester erhofften sich einen Gegenbesuch! Yvonne Glur, die unglaublich engagierte Präsidentin des neu gegründeten Schweizer Akkordeonverbandes hatte eine Idee … nämlich alle bereits besuchten Orchester gleichzeitig einzuladen und daraus ein internationales Akkordeonfestival zu machen. Weder die Schweizer hatten Erfahrung mit einer solchen Organisationsaufgabe, noch war das Österreich-Orchester jemals auf Auslandsbesuch …

   Was dann am Pfingstwochenende 2024 zustande gekommen ist, lässt sich in den nachfolgenden Berichten von teilnehmenden SpielerInnen nur erahnen … ja, es war teilweise chaotisch, aber immer mit leidenschaftlicher Hingabe auf unvorhergesehene Umstände spontan umorganisiert worden!

Allein die Tatsache, dass nach 13-stündiger Anreise alle Plätze im einzig verfügbaren Restaurant ausgebucht waren, ließ die gute Stimmung rasch verfliegen … Der unverbesserliche Optimismus der Organisation vor Ort hat aber sogar dieses Problem gelöst: ein ungenutzter Gruppenraum im weitläufigen Campus Sursee konnte benutzt werden. Nach einer großzügigen online-Pizzabestellung später und ein paar Kisten Bier sah die Welt schon wieder ganz anders aus!

Der folgende Tag mit Gemeinschaftsproben aller beteiligten Orchester erwies sich ebenfalls sowohl chaotisch wie gelungen: ein Probenraum für das Österreich-Orchester war in dem weitläufigen Campus mit über 500 verfügbaren Betten nicht verfügbar, weil ein Business-Netzwerktreffen mit über 700 Teilnehmern alle Räumlichkeiten belegt hatte. Yvonne Glur hatte jedoch kurzfristig im geplanten Gemeinschaftsprobenort in einer Schule in Sempach noch ein Zeitfenster gefunden. Das chilenische Orchester, das mit dem Fernreisebus aus Serbien angereist war, und keine Transportmöglichkeit vor Ort hatte, wurde spontan von uns Österreichern im Bus mitgenommen, und der Probennachmittag mit fast 100 Mitwirkenden ließ alle Unannehmlichkeiten vergessen: jedes Land brachte ein Musikstück aus dem eigenem Land mit und durfte es mit allen Partnerorchestern (aus Chile, Dänemark, Schweiz und Österreich) gleichzeitig einstudieren – die Stimmung war unglaublich, das Ergebnis nach nur wenigen Stunden einfach atemberaubend! Dänemark brachte ein Stück des „dänischen Johann Strauss“ Hans-Christian Lumbye zu Gehör, die Schweiz überraschte mit einem Songcontest Song aus dem Jahr 1979, die Chilenen mit einem sehr schwierigen Folkloresong, und Österreich brachte „Birdland“ von Joe Zawinul, dessen berühmtestes Zitat wie folgt lautet: „Mein erster Synthesizer war ein Akkordeon“!

Die Generalprobe für dieses Monsterkonzert fand noch am gleichen Abend im Paraglegiker-Zentrum in Sempach statt; und obwohl sich die Bühne vor Ort als viel zu klein erwies und spontan in den Zuschauerraum erweitert werden musste, tat das der guten Stimmung keinen Abbruch.

Der Ausklang dieses Abends war wieder im Schulgebäude vom Nachmittag, und das Schweizer Organisationskomitee (ausnahmslos junge Leute!) übernahm die Verpflegung von fast 100 Mitwirkenden in Form von „Zürcher Geschnetzeltem“. Einer der Höhepunkte dieses Festivals war sicher der Moment, als jedes teilnehmende Orchesterland begann, Stimmungslieder aus der eigenen Tradition, den jeweils anderen Teilnehmern zu Gehör zu bringen, die daraus resultierende Stimmung war einfach … unbeschreiblich!

Am darauffolgenden Sonntag war der eigentliche Festivaltag, der als 12-Stunden-Event angelegt war: jedes Orchester gab ein Nachmittagskonzert, dazwischen Workshops aus den verschiedenen Ländern (Österreich gab je einen Tanzworkshop für „Wiener Walzer“ und für einen „Boarischen“), Getränke- und Essens-Stationen, und am Abend das Konzert von 2 Schweizer Orchestern, einem Solisten aus Brasilien und den „Monsterkonzert-Beiträgen“ aller 4 geladenen Orchester (Österreich, Schweiz, Chile und Dänemark). Dank der regen Teilnahme von Besuchern (fast 400 verkaufte Karten), den beteiligten Orchestern, dem unvergleichlichen Ambiente ganz nahe am Ufer des Sempacher Sees, der beim Sonnenuntergang noch von Alphornklängen untermalt wurde, der wirklich guten Akustik im Saal, und der daraus resultierenden sehr gut gelungenen Performance – vor allem des Österreich-Orchesters, das einen tatsächlich sehr nachdrücklichen Eindruck hinterlassen hat – ist dieser Festival-Tag mit unglaublich guter Stimmung zu Ende gegangen.

Bei der Rückreise, die am Pfingstmontag überraschenderweise reibungsloser verlief als die Hinfahrt, waren sich alle einig: diese Konzertreise war nicht nur künstlerisch ein Erlebnis und ein Highlight, es hat auch alle Beteiligten wahrlich „zusammengeschweißt“. Der Ausblick auf kommende Projekte (Innsbruck 2025) wurde mit großer Begeisterung aufgenommen!

Christian Höller  (Dirigent und Reiseleiter für die Sempach-Reise)

 

Weitere Berichte von begeisterten Teilnehmern finden Sie im HARMONIKA-FORUM 109 – erscheint in Kürze!

 


Links zu Hörproben:

„2012“ von Ian Watson

– 1. Satz   Youtube-Link
– 2. Satz   Youtube-Link
– 3. Satz   Youtube-Link

„La Storia“                              Youtube-Link
„Pomp and Circumstance“  Youtube-Link
“Tango pour Claude”            Youtube-Link
“Morricone Special”              Youtube-Link

(die o.a. Hörproben wurden willkürlich ausgewählt)


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